11.11.24 – Suche nach Zuflucht

Impuls

ALLES "SEHR GUT"? - Ein Impuls von Han-Na Lie

Bibelvers

Genesis 1, 31

Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.

Impuls

„Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut“. Der Satz aus der Schöpfungsgeschichte der Bibel sagt: Gott hat die Welt gut und schön geschaffen. Aber nicht alle erleben Gutes in der Welt. Auf dem Gelände unserer evangelischen koreanischen Gemeinde in Frankfurt steht eine Friedensstatue. Sie ist auf den ersten Blick gut und schön. Sie zeigt ein junges Mädchen. Es sitzt auf einem Stuhl, neben ihm ist ein leerer Stuhl. Auf ihrer Schulter sitzt ein kleiner Vogel. Das sieht friedlich aus. Aber auf den zweiten Blick sieht man anderes: Das Mädchen starrt mit klaren Augen und fest zusammengepressten Lippen in die Leere. Ihre lange gezopften Haare wurden abgeschnitten und ihr Bubikopfhaar ist an vielen Stellen ausgerissen. Das Mädchen hat die Fäuste geballt. Ihr Schatten ist seltsamerweise der einer alten Frau mit hochgestecktem Haar. Wie kann das sein? Die Friedensstatue ist ein Mahnmal für die Opfer sexueller Gewalt in Kriegen weltweit. Die Figur des Mädchens erinnert an Hunderttausende von jungen Frauen, die das japanische Militär im zweiten Weltkrieg verschleppt hat. Die Frauen aus den ehemaligen Kolonien Japans wie etwa Korea und Taiwan wurden „zwangsrekrutiert“ zur Prostitution. Man nannte sie zynischerweise „Trostfrauen“. Sie sollten den Soldaten „Trost“ spenden. Nach dem Krieg ließ das japanische Militär die „Trostfrauen“ in der Fremde zurück. Nur wenige von ihnen schafften die Rückkehr in ihre Heimat. Aus Scham und Schuldgefühlen und aus Angst vor gesellschaftlicher Ächtung konnten sie niemandem ihr Leid anvertrauen. Fast ein halbes Jahrhundert später legte Frau KIM Hak-Soon als erste mutige Überlebende im Jahr 1991 im koreanischen Fernsehen eine Zeugenaussage ab. Danach traten über 500 weitere Frauen aus 13 Ländern öffentlich auf und forderten von Japan eine offizielle Entschuldigung und Entschädigung. Ein koreanisches Künstlerpaar schuf zum Gedenken an die „Trostfrauen“ die Friedensstatue mit dem jungen Mädchen. Die erste geschaffene Figur steht in Seoul gegenüber der japanischen Botschaft. Jede Woche gibt es eine Mahnwache an der Statue. In Deutschland haben mehrere Gruppen oder Kommunen versucht, eine Statue aufzustellen. In Berlin und Kassel, in Hamburg, Bonn und Freiburg. Wo immer eine Friedensstatuen errichtet wurde, übte die japanische Regierung hohen Druck aus, damit sie abgebaut wird. Wir in Frankfurt sind froh um eine Friedensstatue auf dem Gelände unserer Kirchengemeinde. Hier steht sie sicher. Sie erinnert daran: Die Lage für Mädchen und Frauen im Krieg ist nie gut. Wir setzen uns dafür ein, dass Frauen und Mädchen Schutz finden und ihr erlittenes Unrecht anerkannt wird.

Aktionsvorschlag

Schauen Sie mal im Internet, wo es überall eine Friedensstatue gibt. 131 sind es in 14 Ländern. Und schauen Sie, wo sie abgebaut wurden. Vielleicht nehmen Sie in Gedanken Platz auf dem freien Stuhl neben dem Mädchen und beten für Frauen, die in Kriegssituationen sexuelle Gewalt erfahren.

Ein Impuls von:
Han-Na Lie
Evangelischen Koreanischen Gemeinde Rhein-Main in Frankfurt a.M.

Andacht

Die Andacht des heutigen Tages

Begrüßung

Eine Stimme

Schalom – Friede – Salam: In Gottes Namen sind wir zusammen.

Alle

Wir halten inne.

Eine Stimme

Wir schauen auf das, was uns sorgt.

Alle

Wir schauen auf das, was wir hoffen.

Eine Stimme

Wir schauen auf Gott.

Psalm 85,9-14

Eine Stimme

Wir beten mit Worten des 85. Psalms

Alle

        

Ich will hören, was Gott zu sagen hat.
         Der Herr redet vom Frieden.
         Er verspricht ihn seinem Volk und seinen Frommen.
Doch sie sollen nicht mehr zurückkehren
zu den Dummheiten der Vergangenheit!
         Ja, seine Hilfe ist denen nahe, die zu ihm gehören.
Dann wohnt seine Herrlichkeit wieder in unserem Land:
Güte und Treue finden zueinander.
         Gerechtigkeit und Frieden küssen sich.
         Treue wächst aus der Erde empor.
Gerechtigkeit scheint vom Himmel herab.
         Auch schenkt uns der Herr viel Gutes,
         und unser Land gibt seinen Ertrag dazu.
Gerechtigkeit zieht vor ihm her
und bestimmt die Richtung seiner Schritte.

Amen

Lied „Erzähl mir vom Frieden"

1. Wir sind hier und bringen mit:
Unsre Sorgen um den Frieden.
Unsre Worte und Ideen
sind lebendig und verschieden.
Wenn wir singen und erzählen,
wird die Hoffnung uns nicht fehlen.

2. Wir sind hier und bringen mit:
Unsre Lieder und Geschichten,
Klang und Stille im Gebet,
das Bedrängende wird sich lichten.
Wenn wir unsre Träume teilen,
können tiefe Risse heilen.
 
Text: Susanne Brandt © Rechte bei der Autorin,
Melodie: Liebster Jesus (EG161), Johann Rudolf Ahle, 1664

Lesung

Buch Rut 2,14-23

Zur Essenszeit rief Boas nach Rut: »Komm her zu uns! Iss von unserm Brot und tunk es in den Essig!“ Rut setzte sich zu den Landarbeitern. Boas gab ihr geröstete Getreidekörner, und Rut aß, bis sie satt war. Es blieb sogar noch etwas übrig.
Dann stand sie auf, um weiter zu sammeln. Boas wies seine Gehilfen an: »Lasst sie auch die Ähren aufheben, die zwischen den Garben liegen geblieben sind! Hütet euch davor, sie zu belästigen! Zieht vielmehr Ähren aus den Garben heraus und lasst sie liegen, damit sie sie aufheben kann! Ihr dürft sie auf keinen Fall zurechtweisen.
Rut sammelte bis zum Abend Ähren auf dem Feld. Ein kleiner Sack Gerste kam zusammen. Mit dem ging sie in die Stadt. Ihre Schwiegermutter Noomi staunte darüber, dass sie so viel gesammelt hatte.

 

Gedanken

Suche nach Zuflucht

Menschen mit Zuwanderungsgeschichte – eine hochaktuelle Bezeichnung für eine jahrtausendealte Erfahrung: Menschen brechen auf, weil dort, wo sie leben, Armut und Perspektivlosigkeit herrschen, weil sie vor Krieg und Gewalt fliehen müssen. Der Frieden, auf den sie am Ende ihres oft gefahrvollen Weges hoffen, bedeutet nicht allein die Abwesenheit von Krieg. Sie sehnen sich nach einem sicheren Ort für einen Neuanfang. Auch im Buch Rut wird eine solche Geschichte erzählt: Die Moabiterin Rut war mit einem israelitischen Mann verheiratet. Nach seinem Tod verlässt sie Moab, um ihre ebenfalls verwitwete Schwiegermutter Noomi auf dem Weg zurück nach Betlehem zu begleiten. Beim Auflesen der Ähren auf dem Feld in dem für sie fremden Land, begegnet sie dem wohlhabenden Bauern Boas, der weitläufig mit Noomis verstorbenem Mann verwandt ist. Schnell wird deutlich, dass er für den Schutz und das Wohlergehen von Rut und Noomi sorgen möchte.  

Das Buch Rut erzählt im Rahmen einer großen Geschichte mehrere kleinere zwischenmenschliche Geschichten von Aufbruch und Zuflucht. Wie ein roter Faden zieht sich dabei ein Phänomen durch das Geschehen, das in der hebräischen Bibel als „Chesed“ bezeichnet wird. Das Wort lässt sich in seiner ganzen Bedeutung nicht ins Deutsche übersetzen. Es beschreibt eine beständige Liebe, eine liebende Zuwendung, die durch Gott für die Menschen, aber auch zwischen den Menschen lebendig wird. Es erzählt von einem Frieden, der höher ist, als alle menschliche Vernunft.

(Bibliothekarin Susanne Brandt aus Flensburg)

Lied „Erzähl mir vom Frieden"

3. Wir sind hier und bringen mit:
Mut für Widerstand und Vertrauen,
dass wir mit Gottes Geist und Geduld
immer wieder Brücken bauen,
zu Gewalt und Krieg nicht schweigen,
sondern andre Wege zeigen.

Text: Susanne Brandt © Rechte bei der Autorin,
Melodie: Liebster Jesus (EG161), Johann Rudolf Ahle,1664

Gebet

Eine Stimme

Aus deinem Frieden leben wir, Gott.
Lass uns das nicht vergessen in unfriedlichen Zeiten.
Wir bitten für alle,
deren Leben in Frieden bedroht ist durch Krieg und Gewalt.

Wir sehnen uns nach gerechtem Frieden in der Welt.
Lass uns einander erzählen vom Frieden,
öffne unsere Ohren zum Hören
und richte unsere Füße auf den Weg des Friedens.

In der Stille beten wir…

Eine Stimme

Gemeinsam beten wir:

Alle

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.

Amen.

Lied "Bewahre uns, Gott"

Bewahre uns, Gott,
behüte uns, Gott,
sei mit uns vor allem Bösen.
Sei Hilfe, sei Kraft, die Frieden schafft,
sei in uns, uns zu erlösen.  

 Text: Bewahre uns, Gott EG 171,
Melodie: Anders Ruuth, Text: Eugen Eckert, Strube Verlag, 1985 

Segen

Eine Stimme

Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.

Alle

Amen.

Lied

Lied "Wenn der Frieden zerbricht"

Habakuk (Foto: Florian Schmidt)

Wenn der Frieden zerbricht

Wenn der Frieden zerbricht
Erfriert dem Eis das Lachen
Wenn der Frieden zerbricht
Zerbricht alle Leichtigkeit
Wenn der Frieden zerbricht
Wetzt jeder seine Waffen
Wenn der Frieden zerbricht
Blüht uns Leid, blüht uns Streit.

Refrain:
Kyrie Eleison
Christus, unser Licht
Schenk uns einen Frieden
Der uns nicht zerbricht
Kyrie Eleison

Wenn der Frieden zerbricht
Beginnt das Um-sich-Schlagen
Wenn der Frieden zerbricht
Gilt um jeden Preis nur Sieg
Wenn der Frieden zerbricht
Fließt Blut selbst aus den Tränen
Wenn der Frieden zerbricht
Blüht uns Leid, blüht uns Krieg

Refrain:
Kyrie Eleison
Christus, unser Licht
Schenk uns einen Frieden
Der uns nicht zerbricht
Kyrie Eleison

Text: ugen Eckert
Melodie: Alejandro Veciana
©Band HABAKUK, Frankfurt/ Main

Geschichte

Across the Wall – Yuval Abrahm und Ahmed Alnaouq in Israel und Gaza

Die Journalisten Yuval Abraham und Ahmed Alnaouq setzen sich seit Jahren für ein Verständnis der israelischen Bevölkerung für die Menschen in Gaza ein. Sie erzählen in einem journalistischen Projekt Geschichten, die eine andere Perspektive bieten als die, die in israelischen Medien üblicherweise zu sehen ist. Doch der 7. Oktober 2023 veränderte alles.
In dieser Podcastfolge spielen wir einen Radiobeitrag von Dr. Clemens Verenkotte ein, der als ARD-Korrespondent in Tel Aviv lebt und beide Stimmen hörbar macht.  

Der Originalbeitrag von Dr. Clemens Verenkotte ist am 13. November 2023 unter dem Titel „Across the Wall“: Ein israelisch-palästinensisches Projekt macht weiter“ in der Sendung @mediasres im Deutschlandfunk erschienen. Online im Internet unter der URL:

https://www.deutschlandfunk.de/across-the-wall-ein-israelisch-palaestinensisches-projekt-macht-weiter-dlf-a34a424d-100.html
Die Website von Ahmed Alnaouq u.a. gibt Einblicke in Gaza vor dem israelischen Einmarsch:
https://wearenotnumbers.org

Yuval Abram informiert auf seinem Instagram-Kanal:
https://www.instagram.com/yuval_abraham/?hl=de