12.11.24 – Zarter Trieb
LÖWEN UND LÄMMER - Ein Impuls von Sophia Steinbacher
Bibelvers
Jesaja 11,6
„Da werden die Wölfe bei den Lämmern wohnen.“
Impuls
Heute dürfen wir gleich vom Höchsten lernen, was Frieden heißt, denn er hat Jesaja eine Vision geschenkt, die bis heute nachklingt und gleichzeitig viele Fragen aufwirft.
Jesajas Vision ist, dass nach unheimlich viel Lied ein neuer Friedensfürst kommen soll – DER König, der David versprochen wurde. Und auf diesem König wird Gottes Geist ruhen (Kapitel 11,2) und ihn befähigen, gerecht und weise zu herrschen. Und weil er so sehr von Gerechtigkeit und Treue gestützt und getragen wird, wird folgendes geschehen:
„Der Wolf wird beim Lamm wohnen und der Leopard beim Böcklein liegen…“ (Vers 6)
Ein sehr schöner Gedanke. Wo der Wolf und das Lamm beieinander wohnen, ganz friedlich, da möchte ich auch gerne sein. Und das Schöne ist: Die christliche Überzeugung ist es, dass dieser Friedensfürst schon längst auf Erden wandelt – Jesus Christus.
Nun, aber wenn Jesus doch schon auf Erden war oder es noch ist – warum sind sich Lamm und Wolf dann immer noch spinnefeind, anders gefragt: Warum haben wir nicht seit Jesu Wirken endlich Frieden auf Erden?
Eine Antwort kann ich darauf nicht geben. Ich weiß nur, dass wir Menschen uns immer wieder in die Haare kriegen, wegen Lappalien oder doch wegen großen dramatischen Problemen. Das ist unheimlich zermürbend und anstrengend.
Sowohl Jesaja als auch Jesus selbst wussten davon.
Im Evangelium nach Lukas wird er von Pharisäern gefragt, wann das Reich Gottes kommen wird. Und er antwortet, dass das Reich Gottes nicht so kommt, dass wir es beobachten können, sondern dass es in uns allen steckt (Lukas 17,20f.).
Das heißt, dass du und ich einen Teil des Friedensreiches Gottes in uns tragen und wir es nur rausholen müssen, damit es werden kann. Was kann das aktiv heißen?
Aktionsvorschlag
Überleg einmal, auf wen du gerade wütend bist oder wo gerade Unfrieden in deinem Alltag herrscht. Und dann überlege, wie du dieser Person begegnet bist. Überlege dir, ob du gerecht und friedfertig mit ihr oder ihm gesprochen hast oder eher mehr Unfrieden gestiftet hast. Und nun überlege, wie du mehr Frieden in diese Situation bringen kannst. Melde dich bei der Person und versuche, ein klärendes Gespräch zu führen. Damit in Zukunft auch Wölfe bei Lämmern und Leoparden bei Böcken liegen können.
Ein Impuls von:
Sophia Steinbacher
Gemeindepädagogin im Kirchspiel in der Lößnitz (Moritzburg und Reichenberg)
Die Andacht des heutigen Tages
Begrüßung
Schalom – Friede – Salam: In Gottes Namen sind wir zusammen.
Wir halten inne.
Wir schauen auf das, was uns sorgt.
Wir schauen auf das, was wir hoffen.
Wir schauen auf Gott.
Psalm 85,9-14
Wir beten mit Worten des 85. Psalms
Ich will hören, was Gott zu sagen hat.
Der Herr redet vom Frieden.
Er verspricht ihn seinem Volk und seinen Frommen.
Doch sie sollen nicht mehr zurückkehren
zu den Dummheiten der Vergangenheit!
Ja, seine Hilfe ist denen nahe, die zu ihm gehören.
Dann wohnt seine Herrlichkeit wieder in unserem Land:
Güte und Treue finden zueinander.
Gerechtigkeit und Frieden küssen sich.
Treue wächst aus der Erde empor.
Gerechtigkeit scheint vom Himmel herab.
Auch schenkt uns der Herr viel Gutes,
und unser Land gibt seinen Ertrag dazu.
Gerechtigkeit zieht vor ihm her
und bestimmt die Richtung seiner Schritte.
Amen
Lied „Erzähl mir vom Frieden"
1. Wir sind hier und bringen mit:
Unsre Sorgen um den Frieden.
Unsre Worte und Ideen
sind lebendig und verschieden.
Wenn wir singen und erzählen,
wird die Hoffnung uns nicht fehlen.
2. Wir sind hier und bringen mit:
Unsre Lieder und Geschichten,
Klang und Stille im Gebet,
das Bedrängende wird sich lichten.
Wenn wir unsre Träume teilen,
können tiefe Risse heilen.
Text: Susanne Brandt © Rechte bei der Autorin,
Melodie: Liebster Jesus (EG161), Johann Rudolf Ahle, 1664
Lesung
Jesaja 11, 1-10
Aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Spross hervor.
Ein Trieb aus seiner Wurzel bringt neue Frucht.
Auf ihm ruht der Geist des Herrn:
Der schenkt ihm Weisheit und Einsicht,
Rat und Stärke, Erkenntnis und Ehrfurcht vor dem Herrn.
Ja, er hat Freude daran, den Herrn zu fürchten.
Er urteilt nicht nach dem Augenschein
und entscheidet nicht nach dem Hörensagen.
Er ist gerecht und sorgt dafür,
dass die Schwachen zu ihrem Recht kommen.
Er ist aufrichtig und trifft Entscheidungen
zugunsten der Armen im Land.
Sein Wort trifft den Gewalttäter wie ein Stock.
Er tötet den Frevler mit einem Hauch,
der über seine Lippen kommt.
Gerechtigkeit begleitet ihn wie der Gürtel um seine Hüften,
Treue wie ein Band um seinen Leib.
Dann ist der Wolf beim Lamm zu Gast,
und der Leopard liegt neben dem Böckchen.
Ein Kalb und ein junger Löwe grasen miteinander,
ein kleiner Junge hütet sie.
Gedanken
Zarter Trieb
Unrealistisch, urteilen die Sinne. Illusorisch, beharrt der Verstand. Endlich, atmet die Sehnsucht auf. Wage es, beflügelt die Vorstellungskraft. Die Worte und Bilder befremden, lassen staunen, bewegen.
Es sind nicht meine Worte, nicht meine Bilder. Über zweieinhalb Jahrtausende sind sie alt. Da hatte einer eine Perspektive vor Augen, in einer Zeit, in der es eher hieß: Was haben wir noch zu erwarten. Es waren keine guten Zeiten. Das Land war am Boden, weil fremde Herrscher es belagert und zerstört hatten. Aussichtslosigkeit in den Gesprächen auf den Märkten und unter den Toren.
Da erzählt einer eine Perspektive für diese Tage, geprägt von Unsicherheiten, Sorgen, Ängsten, Kriegen und Terror. Menschen hetzen und drohen. Der Unfriede entlädt sich in Gewalt auf Demonstrationen und in der Sprache.
Ja, sagt der Erzähler Jesaja, so erlebt ihr es jetzt. Er beginnt mit einem Baumstumpf. Die Axt der Gewalt hat Leben, Hoffnung und Zukunft zunichtegemacht. Doch die Wurzeln und der Nährboden sind geblieben, genug Kräfte, um wieder auszutreiben.
Jesaja erzählt: Ich sehe diesen kleinen, zarten Trieb. Ich sehe ihn wachsen, Blüten und Früchte treiben. Jesaja erzählt in Bildern: So wie es ist, muss es nicht bleiben. Die Zeit des Fressens und Gefressen Werdens wird ein Ende haben. Angst und Stärke, Waffen und Sieger werden nicht mehr ihren Frieden diktieren. Miteinander und voneinander lernen alle Schöpfungswesen, Frieden werden zu lassen.
Unrealistisch, urteilen die Sinne. Illusorisch, beharrt der Verstand. Endlich, atmet die Sehnsucht auf. Wage es, beflügelt die Vorstellungskraft.
(Theologe Klaus-Uwe Nommensen aus Flensburg)
Lied „Erzähl mir vom Frieden"
3. Wir sind hier und bringen mit:
Mut für Widerstand und Vertrauen,
dass wir mit Gottes Geist und Geduld
immer wieder Brücken bauen,
zu Gewalt und Krieg nicht schweigen,
sondern andre Wege zeigen.
Text: Susanne Brandt © Rechte bei der Autorin,
Melodie: Liebster Jesus (EG161), Johann Rudolf Ahle, 1664
Gebet
Aus deinem Frieden leben wir, Gott.
Lass uns das nicht vergessen in unfriedlichen Zeiten.
Wir bitten für alle,
deren Leben in Frieden bedroht ist durch Krieg und Gewalt.
Wir sehnen uns nach gerechtem Frieden in der Welt.
Lass uns einander erzählen vom Frieden,
öffne unsere Ohren zum Hören
und richte unsere Füße auf den Weg des Friedens.
In der Stille beten wir…
Gemeinsam beten wir:
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.
Lied "Bewahre uns, Gott"
Bewahre uns, Gott,
behüte uns, Gott,
sei mit uns vor allem Bösen.
Sei Hilfe, sei Kraft, die Frieden schafft,
sei in uns, uns zu erlösen.
Text: Bewahre uns, Gott EG 171,
Melodie: Anders Ruuth, Text: Eugen Eckert, Strube Verlag, 1985
Segen
Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.
Amen.
Lied „Denn also hat Gott die Welt geliebt“

Lied „Denn also hat Gott die Welt geliebt“
Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, dass er die Welt richte, sondern dass die Welt durch ihn gerettet werde.
Text: Bibelworte aus Johannes 3, 16-17
Vorurteile abbauen – Bilal Almasri im Projekt „Starke NachbarInnen“
Bilal Almasri ist Lehrer und stammt aus Syrien, das er wegen des Krieges verlassen musste. Im Camp für Geflüchtet begann er, sich für die Vermittlung verschiedener Kulturen zu engagieren. Heute arbeitet er im Friedensdienst und engagiert sich im Projekt „Starke NachbarInnen“, um Konflikte zwischen Aufnahmegesellschaft und Geflüchteten in respektvoller, gewaltfreier Weise zu begleiten. In unserem Podcast berichtet er von seiner Motivation, seinen Werten und erzählt Beispiele aus seiner Arbeit.
Informationen zum Integrationsprojekt „Starke NachbarInnen“ finden sich auf der Homepage des Internationalen Christlichen Friedensdienst EIRENE:
https://eirene.org/projekt/integration-und-um-neuwied-foerdern